Ein „zweites Kotzschbuch“ erscheint im Elbhang-Kurier-Verlag

Liebenswertes Dokument eines Lehrerlebens: Erinnerungen von Otto Kotzsch

Otto Kotzsch, photographiert von Hildegard Jäckel, 1947

Otto Kotzsch, photographiert von Hildegard Jäckel, 1947

Auch in diesem Jahr gibt der Ortsverein Loschwitz-Wachwitz e. V. in Zusammenarbeit mit dem Elbhang-Kurier-Verlag ein Buch heraus, erstmalig mit dem inhaltlichen Schwerpunkt Loschwitz: Die Lebenserinnerungen des Losch­witzers Otto Kotzsch, reich bebildert und ergänzt durch ortsgeschichtlich hochinteressante Bildtexte, bearbeitet von Matthias Griebel, Eberhard Münzner und Helga Oelker.

Otto Kotzsch, Sohn des Photographen August Kotzsch, war  lang­jähriger Lehrer in Loschwitz, Chronist seines Heimatortes in Wort und Bild und Vorsitzender des Ortsvereins bis 1948. Sein reiches photographisches Schaffen macht dieses Erinnerungsbuch besonders anschaulich. Dazu trugen neben den bereits Genannten besonders die dankenswerterweise weit geöffneten Archive von Siegrun und Volkmar Herre, Enkel von Otto Kotzsch, und Ernst Hirsch bei.

Otto Kotzsch, am 13. Juni 1880 in Loschwitz geboren, verbrachte hier seine Kindheit und Jugend. Nach der Ausbildung als Lehrer kehrte er 1905 nach Loschwitz zurück, wo er bis kurz vor seinem Tod, am 23. April 1967, lebte.

Die Musik spielte in seinem Leben eine große Rolle. Er erlernte das Geige-, Klavier und Orgelspielen. Dies befähigte ihn, neben schuli­schem und privatem Musikunterricht auch 26 Jahre als stellvertretender Kantor in der Loschwitzer Kirche zu agieren. Mit zeichnerischem Talent und handwerklichen Fähigkeiten gestaltete er seinen Heimatkundeunterricht interessant und anschaulich.

Otto Kotzsch befasste sich intensiv mit der Geschichte des Ortes und seinem kulturellen Erbe. Ständig war er mit dem Photoapparat unterwegs, um Historisches, aber auch Veränderungen in Loschwitz zu dokumentieren und dies bei Führungen durch das Loschwitzer Gebiet, Dia-Vorträgen und in zahlreichen Veröffentlichungen den Be­wohnern nahe zu bringen.

Mit diesem Buch möchte der Ortsverein Loschwitz-Wachwitz dabei helfen, junge Menschen für Heimat im besten Sinne des Wortes zu sensibilisieren.
Die Buchpräsentation findet am 26. November, um 19.30 Uhr, in der Aula der Schillerschule statt.

Danach ist das Buch zu beziehen über: Orts­verein Loschwitz-Wachwitz e. V. , Tel./Fax:  0351 2689422.

Kohlenfuhrwerk am Kotzsch-Haus, um 1890. Foto: August Kotzsch, Archiv Ernst Hirsch. Auf dem Wagen der etwa zehnjährige Otto, für den die beschwerliche Bergfuhre nach dem elterlichen Anwesen stets ein besonderes Erlebnis war.

Kohlenfuhrwerk am Kotzsch-Haus, um 1890.
Foto: August Kotzsch, Archiv Ernst Hirsch. Auf dem Wagen der etwa zehnjährige Otto, für den die beschwerliche Bergfuhre nach dem elterlichen Anwesen stets ein besonderes Erlebnis war.

Leseprobe aus der Einleitung Otto Kotzschs zu seinen Erinnerungen: Wes das Herz voll ist…

 Titelseite des Buches mit Otto und Anna Kotzsch als Schulkinder. Gestaltung: Holger Friebel

Titelseite des Buches mit Otto und Anna Kotzsch als Schulkinder.
Gestaltung: Holger Friebel

In den ersten zwei Jahren des Ersten Weltkrieges war ich als Vizefeldwebel beim Ersatz-Bataillon des Leibgrenadierregiments in Dresden zum Ausbilden von Rekruten eingesetzt. Und das kam so: 1901/1902 hatte ich als Einjährig-Freiwilliger beim Schützen-Füsilier-Regiment 108 in Dresden meiner Militärpflicht genügt. Ich ging als Unteroffizier ab und wurde 1911 zum Vizefeldwebel befördert. Da das Schützenregiment im Weltkrieg keine Reserveformationen aufstellte, wurden alle Unteroffiziere und Feldwebel zum Ausbilden in anderen Regimentern eingesetzt. So kam ich zum Grenadierregiment, in dem meine beiden Brüder einst zwei Jahre gedient hatten. Das Ausbilden machte mir viel Freude, da es ja in mein pädagogisches Fach schlug.

Öfters zog ich als Wachhabender in den königlichen Weinberg zu Wachwitz auf Wache. Diesen Dienst empfand ich nicht als Last, sondern als Lust. Im Marienhaus am Wachwitzer Kirchweg – dort war die Wache untergebracht – saß ich und träumte als Kind mich zurück, da ich in demselben Zimmer saß bei Schokolade und süßem Gebäck, bei Erdbeeren und anderen herrlichen Früchten. Und wenn ich zur Tür der Wachstube hinaustrat und auf luftiger Bergeshöhe mein Elternhaus erblickte, in dem noch ein treues Mutterherz schlug, dann wurde mir’s wohlig und weh zu Mute.

Da stiegen all die süßen Kindheitserinnerungen in meiner Seele auf. Da raschelte es wieder im dürren Laub, da suchte ich aufs neue Veilchen, Pilze und Beeren. Und tief ergriffen reifte in mir der Entschluß, meine Kindheitserinnerungen niederzuschreiben. Und wenn die Kameraden des Nachts auf den harten Pritschen der Ruhe pflegten, dann griff ich zur Feder und schrieb nieder, so, wie es der Geist der Erinnerung mir eingab. Das biblische Wort aus dem Matt­häus-Evangelium „Wes das Herz voll ist, des gehet der Mund über“ wurde auch an mir Wahrheit…

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Veröffentlicht unter Artikel aus der Print-Ausgabe, Der Elbhang-Kurier