In memoriam Georg Blume

* 19. Februar 1910 in Berlin
† 14. Oktober 2006 in Dresden-Hosterwitz

Herta und Georg Blume im Juni 2006 im Pflegeheim Maillebahn. Foto: Adelheid Neupert

Herta und Georg Blume im Juni 2006 im Pflegeheim Maillebahn.
Foto: Adelheid Neupert

Wir sind ärmer geworden um Georg Blume. Sein vollendetes Leben zu beschreiben, ist eine Aufgabe, der man nur unvollkommen gerecht werden kann. Objektivität gibt es nicht, nur Interpretation. Man kann schildern, rühmen, bewundern, klagen…

„Wann beginnt, wann endet mein Leben?“ ist eine Frage, die sich Georg Blume oft selbst gestellt und beantwortet hat:

„Von meinen Vorfahren habe ich den Erkenntnisdrang, die Freude an Astronomie, Botanik, Literatur, Musik und Malerei übernommen. Meine gesamten Tätigkeiten sind Versuche geblieben. Ich habe mein Leben zur Arbeit an meinem Bewusstsein, an meinem bewussten Sein genutzt, bis mein Körper mit dem Tod in eine neue Daseinsform übergehen wird.“

Den Elbhangbewohnern muss man die Gedankenfülle von Georg Blume nicht vorstellen, aber man sollte sie noch einmal bewusst machen. Sein geistiger Reichtum widerspiegelte sich bisher in häufigen Gesprächsprotokollen, Zwischenberichten, Anerkennung an Gedenktagen, Ausstellungen seiner Bilder und in dem Film „Der Garten des Georg Blume“ von Henrik Flemming. Georg Blume hat sein Dasein in verschiedene Richtungen versucht und sich vom Fluss des Lebens formen lassen. Attestierte Bildungsabschlüsse waren ihm kein Maßstab. Die Inschrift des Apollon-Tempels in Delphi „NOSCE TE IP­SUM“ (Erkenne Dich selbst) war ein oft zitiertes Wort seiner Ich-Gewissheit.

Seine Beschäftigung mit der Funktion des Geldes, die bezweifelte Autorenschaft William Shakespeares an den ihm zugeschriebenen Werken, seine Definition des Got­tesbegriffes und die bis ins hohe Alter erstaunlich wach und präzise formulierten Reflexionen auf aktuelle Probleme machten ihn zum Spezialisten seines eigenen Lebens. Es war sein Wunsch, dass religiöse Doktrin einer humanen Bildung und Erziehung weicht. Ungesundes Streben nach Perfektion lehnte er ab. Er war sich selbst Mittelpunkt seines Erkenntniskreises und hielt sich an die „Oberhohheit“ seines eigenen Wesens. Etwa ab seinem 50. Lebensjahr war er sich seiner eigenen Natur bewusst. Bis dahin beschreibt er sein Dasein als ein Sammeln von Ereignissen, bei dem er auch Fehler gemacht hat. Er war ein Unruhestifter, der andere zum Denken anregte, und kein ausschließlicher Familien­mensch. Auf der Suche nach geis­tigen Verwandten hat er sich zuweilen von den Seinen entfernt, aber nicht gelöst. Es freute ihn, wenn seine Gedanken breite Anerkennung fanden.

Nach seiner eigenen Definition war er „keiner der Großen, aber durch bewusst gelebte Jahre wohl etwas Besonderes.“ Für alle, die Georg Blume erleben konnten und seine Erkenntnis in sich tragen, sollte sie nicht Nachlass sondern „Vorlass“ sein. „Jedes vergehende Leben ist neuen Lebens Samen“ waren Worte, die er oft gebrauchte. So werden wir ihm am meisten gerecht, wenn wir nicht trauern, sondern seine Gedanken potenzieren. Sein Denken sollte unser Handeln befruchten.

Seiner treuen Lebenspartnerin Herta Blume dürfen wir durch Besuch und Gespräch Aufmerksamkeit zuteil werden lassen.

Adelheid Neupert

Beisetzung: 8. November 2006, 13 Uhr, Friedhof Dresden-Hos­terwitz, Dresdner Straße

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